Impuls Februar 2023

01. Februar 2023

Lieber Besucher, liebe Besucherin unserer Website,

diese Tage kam ich nachts auf dem Heimweg von einem Termin als Ersthelfer zu einem Unfall auf der Autobahn. Ein zerstörtes und qualmendes Fahrzeug stand quer zur Fahrrichtung, die Fahrbahn war über und über mit Trümmern und Dreck bedeckt. Glücklicherweise hatte der Fahrer kaum etwas abbekommen. Es tat mir gut zu sehen, dass sofort viele Autos hielten und die Insassen eigenverantwortlich die notwendigen Aufgaben übernahmen: Versorgung des Unfallopfers, Absetzen des Notrufs, Absicherung der Unfallstelle, Warnen der nachfolgenden Fahrzeuge. Schon bald traf die freiwillige Feuerwehr ein – Menschen, die viel (Frei-) Zeit in die Rettung ihrer Mitmenschen investieren. Dann folgte der Rettungsdienst – wieder hochqualifizierte Helfer und Helferinnen. Etwas später, sie hatten die weiteste Anfahrt, kamen die Kollegen und Kolleginnen von der Autobahnpolizei, nahmen die endgültige Absicherung der Unfallstelle vor und begannen Zeugen zu befragen. Derweil standen hunderte andere Reisende geduldig im Stau vor der Vollsperrung und taten ebenfalls das, was sie tun konnten: Sie bildeten eine Rettungsgasse und hatten die Warnblinkanlage eingeschaltet. Emsig wie die Ameisen, doch in völliger Ruhe und Konzentriertheit, waren alle Hilfs- und Rettungskräfte bei ihrer Arbeit. Als sich die Lage nach und nach ordnete, gab es auch die ersten entspannten Begegnungen: „Hey, Herr Kullik, ich wusste doch, dass ich Sie von irgendwoher kenne …“, lachte eine Polizistin: „Eigentlich sollte R. den Einsatz fahren – Sie sehen sich doch häufiger.“ Nach einiger Zeit rückten die ersten Kräfte ab und der Verkehr wurde wieder freigegeben.

Im Neuen Testament begegnet uns das Bild vom Leib Christi, dessen Glieder wir seien, von denen ein jedes gebraucht würde, die alle zusammen Leben ermöglichen, Leben bewahren würden. Das Haupt sei dabei Jesus selbst, der die Ausrichtung, die Orientierung und den Zusammenhalt garantieren würde. Die Erlebnisse auf der nächtlichen Autobahn waren für mich eine konkrete Umsetzung dieses Bildes: Menschen, die sich in der Regel nicht kannten, halfen gemeinsam einem Unglücklichen, den sie ebenfalls nicht kannten, bewahrten durch ihr Warnen andere Verkehrsteilnehmer vor Schaden, auch die Unbekannte für sie. Und das alles – in dem Moment wohl eher unreflektiert – in Achtung vor dem unverfügbaren und zerbrechlichen Leben, einem Geschenk Gottes. Und wie zerbrechlich es ist, wurde für mich noch einmal unterstrichen, als ich während des Wartens auf die Wiederfreigabe der Autobahn eine SMS von einer Bekannten erhielt. Sie schrieb, dass ihr Mann soeben mit einem Herzinfarkt ins Krankenhaus eingeliefert worden sei: „Das war ein Schreck und zeigt wieder einmal, wie fragil das Leben ist und dass wir nichts wirklich planen können.“ Meine Antwort: „Deshalb lass es uns leben – jetzt und ganz.“

Und das ist auch meine Einladung an Sie: Leben Sie das Leben, das Ihnen geschenkt ist. Jetzt und ganz.

Mit herzlichen Segensgrüßen und guten Wünschen für den Februar

Ihr Axel Kullik, Seelsorger in der PD Oldenburg und der Region Ostfriesland

Pastor Axel Kullik
E-Mail: pastor.kullik(at)web.de

Mitarbeiter in Oldenburg

Polizeiseelsorge im Bereich der Polizeidirektion Oldenburg und der Region Ostfriesland