„Fürchtet euch nicht!“
Ich stehe mit ein paar Polizeibeamten mitten auf dem Weihnachtsmarkt. Die Buden haben geöffnet und es zieht ein Duft von Glühwein und gebrannten Mandeln über den Platz. Es ist Mittag und das Geschäft hat noch nicht richtig begonnen, aber es schlendern schon zahlreiche Menschen durch die Gassen der weihnachtlich dekorierten Verkaufsbuden. Der Polizeiführer sieht sich um, denn bald soll ausgerechnet hier auf dem Weihnachtsmarkt eine politische Demonstration stattfinden. Er und seine Kollegen wollen dafür sorgen, dass alles sicher bleibt. Über Funk koordiniert er die Einsatzkräfte, die sich an strategisch günstigen Plätzen aufhalten. Die Lage ist ruhig und es gibt momentan keine Hinweise darauf, sich Sorgen machen zu müssen.
Wir Menschen brauchen das Gefühl von Sicherheit. Das Gegenteil macht uns Angst. Nicht nur im öffentlichen Bereich, sondern auch ganz persönlich. Wir wollen uns auf den Ehepartner, auf Familie, Freundinnen und Freunde verlassen können. Unsicherheit dagegen schränkt uns ein. Angsterfüllt kommen wir gar nicht mehr dazu, unser ganz normales Leben zu führen. Wir schaffen es nicht mehr, kreativ zu sein; uns auf Neues einzulassen oder Andersartigkeit zu akzeptieren, weil wir von der Angst beherrscht werden, es könne etwas Schlimmes passieren.
Leider müssen wir uns eingestehen, dass eine hundertprozentige Sicherheit niemals garantiert werden kann. Auch auf dem Weihnachtsmarkt nicht. Trotzdem kann man etwas tun, um das Weihnachtsgeschäft in den Innenstädten sicherer zu machen. Die Absperrungen vor den Weihnachtsmärkten sind eine bittere Erinnerung daran, dass es auch schon Tragödien gab. Ausgerechnet in der Advents- und Weihnachtszeit! Diese Tage sollen doch von friedvollen Gedanken geprägt sein. Jetzt ist die Zeit der gemütlichen Ruhezeiten bei Kerzenschein. Sie bringen unsere Sehnsucht nach Harmonie, Frieden und Verbundenheit zum Ausdruck.
In der Nacht von Jesu Geburt erschien der Engel über den Feldern von Bethlehem und verkündigte: „Fürchtet euch nicht! Siehe, ich verkündige euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird; denn euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus, der Herr, in der Stadt Davids.“ (Lukas 2,10 und 11) Der Engel wusste wohl sehr genau, dass verängstigte Menschen nicht ansprechbar sind für frohe Botschaften.
Von einem Verkaufsstand für Lebkuchen und anderen Leckereien kommt eine ältere Frau auf uns zu und spricht die Polizisten freundlich an: „Sie haben es ja nicht immer leicht. Aber haben Sie herzlichen Dank für Ihren Dienst! Da fühlt man sich doch sicherer, wenn Sie da sind.“ Sie verabschiedet sich mit einem freundlichen Lächeln. Ja, in diesem Augenblick war der Polizeiführer auf dem Weihnachtsmarkt für diese Frau so etwas wie der Engel mit der Botschaft: „Fürchtet euch nicht!“
Ich wünsche Ihnen viele dieser Weihnachtsengel. Und wer weiß? Vielleicht sind Sie selbst auch mal so ein Engel für andere.
Ihnen und Ihren Lieben eine gesegnete Advents- und Weihnachtszeit!
Ihr
Marcus Christ, Pastor