Lieber Leser, liebe Leserin,
mit dem Aschermittwoch beginnt in der christlichen Tradition die sog. Passionszeit. Es ist eine Zeit, die seit Jahrhunderten mit der Erinnerung an die Leidensgeschichte Jesu verbunden ist. Entsprechend wurde in diesen sieben Wochen bis Ostern auch streng gefastet. Die christliche Aktion „Sieben Wochen ohne“ versucht diese Tradition in moderner Form aufzugreifen. Sie lädt die Menschen ein, sich in dieser Zeit einmal von Dingen und Gewohnheiten freizumachen, die sich vielleicht längst verselbständigt haben und auf die Dauer mehr knebeln und knechten als Lebenslust vermitteln. Dabei geht es nicht nur um die klassischen Laster wie Rauchen, Alkohol oder Fernsehen, sondern auch um hohe Ansprüche, die mit „Ich muss“ eingeleitet werden: gut sein, Sport machen, auf Platz eins landen, für jeden da sein usw.
Interessanterweise hat das Wort Passion noch eine zweite Bedeutung, die der ersten gefühlt fast entgegensteht: Leidenschaft, Liebhaberei, Vorliebe. Diese Bedeutung kam im 17. Jh. aus dem Französischen dazu. Ich erinnere mich an einen Aufenthalt in einer Rehaklinik. Dort traf ich auf viele Menschen, die mit einer Burnout-Diagnose gekommen waren. Es dauerte vielleicht zwei oder drei Tage, dann waren aus diesen „ausgebrannten“ Menschen wieder fröhliche, lachende Menschen geworden: Nimm weg, was Leiden schafft, und zum Vorschein kommt die alte Leidenschaft.
Vielleicht mögen Sie die Passionszeit als eine Zeit ansehen, die dazu einlädt, sich zumindest einmal von dem frei zu machen, was selbstgemachtes Leid, was selbstgewählte Unfreiheit, was selbstgewählte Last ist, und für sieben Wochen wieder einmal alte Leidenschaften ans Licht zu holen. Auch die christliche Passionserzählung spricht am Ende ja von Erlösung, von Auferstehung; Jesus wollte alte Lasten abnehmen, nicht neue aufbürden. Nehmen Sie die sieben Wochen als Übungszeit und nur als Übungszeit – um nichts zu verwechseln, ist es mal eben verboten, diese Übung perfekt zu bestehen …
Mit guten Wünschen für sieben Wochen Leichtigkeit
Axel Kullik
Polizeiseelsorger in der PD Oldenburg und der Region Ostfriesland