Adventsandachten

Adventsandacht zum 1.Advent 2023

Adventsandacht Marktkirche Hannover am 3.12.2023

 „Siehe, es kommt die Zeit, spricht der Herr, dass ich dem David einen gerechten Spross erwecken will. Der soll ein König sein, der wohl regieren und Recht und Gerechtigkeit im Lande üben wird.

Zu seiner Zeit soll Juda geholfen werden und Israel sicher wohnen. Und dies wird sein Name sein, mit dem man ihn nennen wird: »Der Herr ist unsere Gerechtigkeit«.

Darum siehe, es wird die Zeit kommen, spricht der Herr, dass man nicht mehr sagen wird: »So wahr der Herr lebt, der die Israeliten aus Ägyptenland geführt hat!«,

sondern: »So wahr der Herr lebt, der die Nachkommen des Hauses Israel heraufgeführt und hergebracht hat aus dem Lande des Nordens und aus allen Landen, wohin er sie verstoßen hatte.« Und sie sollen in ihrem Lande wohnen.“       Jer 23, 5-8

Gnade sei mit Euch und Friede von Gott unserem Vater und dem Herrn Jesus Christus                        

Liebe Adventsgemeinde

Knapp vier Wochen vor Weihnachten kommen wir zusammen und feiern den Beginn einer besonderen Zeit.

Die biblische Lesung, die wir vorhin gehört haben, gibt die Richtung vor. Wir sind auf der Spur eines großen Versprechens, das Gott seinen Menschen gegeben hat. Und es lautet: „Siehe, es kommt die Zeit…“ (Jeremia 23, 5-8)

Es ist das Versprechen, dass das, was jetzt noch fehlt im eigenen Leben, sich einmal ereignen wird. Wann und wie auch immer. Das Versprechen heißt; Gott ist mit dir. Verlass dich drauf. Und wenn (dir) das deutlich wird, wird alles anders.

Für die Menschen in der Welt des alten Orients war dieses Versprechen gut vorstellbar als das Versprechen, dass ein König kommen wird, den es so noch nie gegeben hatte. Einer, der gut regieren wird, und Recht und Gerechtigkeit bringen wird. Davon spricht der Text aus dem alten Testament.

Viele hundert Jahre später in der Zeit des römischen Reiches ging das gleiche Versprechen – aber ganz anders - an eine junge Frau in Galiläa.

Die biblische Erzählung berichtet das von Maria, der Mutter Jesu. Maria, die Frau von Joseph, erlebt diesen besonderen Moment als den Besuch eines Engels. Sie alle kennen die Erzählung aus dem Lukasevangelium. Ihr wird gesagt, dass sie Jesus zur Welt bringen wird, den Sohn Gottes und Retter der Welt. Und erst nach einer Weile versteht sie die Bedeutung des Versprechens: Gott kommt unerwartet in dein Leben hinein. Er kommt durch dich in diese Welt. „Das Heilige, das aus dir geboren wird, wird Gottes Sohn genannt werden.“ Verlass dich drauf. Und wenn er kommt, wird alles anders. „Siehe, es kommt die Zeit.“

Das ist mal eine Ankündigung.

Maria wird späterhin wieder und wieder davon erzählt haben von den stärkenden Worten des Engels, von ihrer eigenen Zwiesprache mit Gott, von der schwebenden Gewissheit, im Guten zu sein, und wie sie innerlich immer mehr einverstanden war mit dem, was ihr geschehen würde.

Die Botschaft des Engels an Maria hat es in sich, denn sie um-

schreibt das Herz unseres christlichen Glaubens: Maria ist eine junge unbekannte Frau in einem kleinen unbedeutenden Ort. Ausgerechnet ihr gilt das Versprechen: "Du hast Gnade gefunden"! – ohne jede Begründung.

Der Engel sagt nicht: "weil du so gut bist",  oder: "weil du so jung und schön bist". Er sagt nicht: "weil du so berühmt bist", oder: "weil du so klug und gebildet bist". Und er sagt auch nicht: "weil du so fromm bist".  Er sagt nur: "Du hast Gnade gefunden".

Man hat in der Geschichte der Theologie viel über diese Erzählung gesprochen, herumgerätselt und gefragt, wie die Schwangerschaft Marias zustande kommt. Manche wollen das alles biologisch verstehen und überlegen, wie eine Jungfrau zu einem Kind kommen kann. Das ist aber nicht der Weg dem Wirken Gottes nahezukommen.

Wie versteht man so etwas: dass aus dir etwas geboren werden soll? In Marias Fall ein Kind, das Jesus heißen soll.  Der Name Jesus bedeutet: Gott erlöst. Verstehen wir die Erzählung von der Jungfrau also besser nicht biologisch, sondern geistlich; dann bedeutet es, dass es Erlösung geben kann. Dass etwas gut werden kann. Dass etwas ins Reine kommen kann.

Maria  bewegte all das in ihrem Herzen. Und sie entwickelte nach und nach die Bereitschaft, sich dem Unerwarteten zu öffnen.

Und nun heute. Hier in Hannover. Nochmal zweitausend Jahre später im Advent.

Jetzt kommt es darauf an, wie wir dieses biblische Versprechen hören: „Siehe es kommt die Zeit.“

Denn das Versprechen gilt jedem einzelnen Menschen. Und es lautet: das, was dir jetzt fehlt, wird sich einmal ereignen. Vielleicht anders als du es dir jetzt vorstellen kannst; aber so wie es ist, wird es nicht bleiben. Verlass dich drauf.

Dieses Versprechen ganz persönlich zu hören und darin dem Kommen Gottes zu vertrauen, wie immer man ihn gerade auch für sich verstehen kann. Das ist der Sinn der Adventszeit. Dafür ist diese Zeit eingerichtet.

Das in sein Herz aufzunehmen, es durchzubuchstabieren, es sich anzueignen und daran zu glauben, ist keine Kleinigkeit in dieser Zeit.

Das war es aber nie.

Es passiert nur allzu schnell, dass man müde daran wird, dass der Mensch des Menschen Wolf ist. Dass man nichts Gutes mehr glauben kann. Dass man abstumpft, und nicht mehr an all dem Ungelösten leiden will, was diese Welt mit sich bringt. 

Advent ist die Zeit im Jahr, die diese Gefahr in den Blick nimmt und die uns da raus helfen will.

Damit das Aussichtslose nicht um sich greift und sich festsetzt. Damit das Gefühl der Gottverlassenheit nicht das letzte Wort behält. Darum feiern wir Advent.

Weil man nicht leben kann ohne Hoffnung.

Und weil Gott die Möglichkeit schenkt, dass wir im Chaos der Gegenwart die Vorboten eines neuen Zeitalters sehen können.

Darum ist es gut, dass wir uns in der Kirche versammeln.

Dass wir die Musik und die biblischen Worte hören und in uns aufnehmen. Dass wir uns berühren lassen. Und uns für das Unerwartete öffnen.

Verstehen wir Advent in diesem Jahr doch als eine Gelegenheit.

Als Zeit, dem Gedanken nachzugehen wie es wohl für mich wäre, wenn das Versprechen Gottes in meinem Leben wahr wird:

„Siehe, es kommt die Zeit.“ Gott ist mit dir. Und wenn dir das deutlich wird, wird alles anders.

Woran würden Sie wohl merken, wenn das wahr geworden ist? Was wäre dann anders in Ihrem Leben?

Und wenn Sie so überlegen -  suchen Sie nicht nach allgemeingültigen Antworten, sondern nach Ihren eigenen.

Das Versprechen Gottes, dass etwas neu wird und Gutes ins Leben kommt, wird nämlich für jeden von uns etwas anderes bedeuten.

Die Antworten auf unsere offenen Fragen sind nichts, was man auf eine Liste schreiben und herbeten könnte.

Gehen wir lieber davon aus: Gott zeigt sich jedem Menschen so, wie dieser ihn verstehen kann.

Und das ist sehr persönlich und individuell.

Wenn es geschieht, ist es gut für das seelische Gleichgewicht.

Und es verbindet uns mit allen Menschen guten Willens auf der Welt.

Bleiben Sie neugierig auf das, was Ihnen begegnet!

Und achten Sie darauf. Das ist erst mal genug.

Vier Wochen im Advent sind so etwas wie ein kurzer Sprint im Marathonlauf des Lebens.

Doch wie für den Körper gilt auch für die Seele. Sie wird geformt und gestärkt durch solche Trainingsphasen. 

Ich wünsche Ihnen und uns allen, dass diese Adventszeit gute Erfahrungen mit sich bringen wird  - mitten in der Wirklichkeit, die so ist wie sie ist.

Und ich wünsche uns allen, dass beharrliche Hoffnung bei uns bleibt; dass sie uns prägt und sich auswirkt auf die Welt.

Siehe es kommt die Zeit: aus Sorge wird Vertrauen.

Und aus Verzagtheit Mut zum Sein

In diesem Sinne gottbefohlen. Ich wünsche Ihnen eine gesegnete Adventszeit. Bleiben Sie behütet in seinem Frieden           Amen

 

Jörg Willenbockel, Landeskirchenrat

Ev.-luth. Landeskirche in Braunschweig

Landeskirchenamt - Referat 21

Dietrich-Bonhoeffer-Straße 1

38300 Wolfenbüttel